Freitag, 8. April 2016

Nachdenklich



Nachdenklich

Stell dir mal vor, du lebst mit deinen 3 Kinder und deiner frau in einem Vorort einer großen Stadt. Du hast einen guten Job und gerade ein Haus gebaut. Der Garten ist gerade frisch bepflanzt und du lädst die Nachbarschaft zum Essen. Du fühlst dich sicher und du glaubst nichts auf der Welt kann dein Glück zerstören.

Doch, es geschehen Dinge auf der Welt die dich beunruhigen. Erst sind es nur Nachrichten von fernen Orten über die du mit deiner Familie und Freunden diskutierst.  Dann sind es Berichte von bekannten die du langen nicht gesehen hast und du beginnst dich zu fragen, ob dich das auch treffen kann. Dann werden deine Sorgen mehr und mehr, du kannst nicht mehr schlafen, weil dich in der Nacht die Angst davor weckt. Du fühlst dich nicht mehr sicher. Aber du bleibst weil hier deine Heimat ist du hier deine Leben lebst, deine Familie gegründet hast, deinen Glauben ausübst.
Aber dann eines Tages kommt der Tag, da fallen Schüsse. Erst vereinzelt, dann täglich und denkst, ok jetzt ist es hier. Diese schlimmen Dinge von denen du gehört hast, bei denen der schnelle Tot noch eine Erlösung ist. Und diese Dinge passieren in Name dessen, an das du glaubst. Im Namen des Gottes, der dir Sicherheit gegeben hat, der dir ein Leben lange Frieden und Nächstenliebe beigebracht hat. In dessen Namen passieren die grausamsten Dinge die du dir nur denken Kannst. Aber was kannst du nun tun?

Du musst deine Familie beschützen, dass ist klar. Aber wie willst du das machen? Ja du hast davon gehört. Von Leuten die dich für viel Geld hier wegbringen. Du hast das Geld. Aber alles aufgeben, was du dir aufgebaut hast. Das was du geschaffen hast für die Zukunft deiner Familie, deiner Kinder? Nein! Du willst bleiben du willst es nicht aufgeben. 

Doch dann kommt der Tag. Der Tag der alles verändert. Der Tag an dem deine Tochter mit zerrissen Kleider nach Hause kommt. Der Tag an dem ihre kindliche Unschuld ein plötzliches Ende findet. Der Tag an dem sie, du, deine Familien hier keine Zukunft mehr hat. Du beschließt zu fliehen.
Du kennst die Gefahren und du hast große Angst unterwegs zu sterben, eine Kinder zu verlieren. Doch die Hoffnung auf einen neuen Anfang, auf eine Zukunft für deine Kinder lässt dich stark sein. Lässt dich die Angst verbergen, damit deine Kinder Hoffnung haben. Du nimmst dein Geld gibst es Leuten die du nicht kennst, denen du aber vertrauen musst und du packst das Allernötigste. Du lässt alles außer deiner Familie hinter dir, alles wofür du gearbeitet hast, alles was du geschaffen hast, alles woran du geglaubt hast und gehst einen gefährlichen, vielleicht tödlichen Weg ins Ungewisse. Nur von der geringen Hoffnung getrieben, dass alles besser wird. Du verlässt dein Haus, deine Stadt, dein Land. Dein Ziel? Du weißt es noch nicht, erstmal nur weg. 

Du hast Glück, die fremden halten ihr Wort. Sie bringen dich und deine Familie auf ein Boot. Klar das Boot ist klein, und die Wellen groß. Ihr müsst euch abwechseln mit dem schlafen, weil nicht alle gleichzeitig liegen können. Nahrung gibt es kaum. Aber die Hoffnung wird größer, dass ihr es schaffen könnt. 

Land ist in Sicht. Ihr vor seht wie das Boot vor euch versinkt in der tobenden See. Wie Menschen vor euren Augen sterben und ihr nicht helfen könnt. Ihr haltet den Kindern die Augen zu, dass sie das grauen nicht sehen müssen. Ihr haltet ihnen die Ohren zu, dass sie die Schreie nicht hören, die den Tod bedeuten. Deine Hoffnung schwindet, deine Zuversicht sinkt.

Aber ihr schafft es, ihr erreicht das Land. Hier seid ihr auf euch allein gestellt, aber erstmal in Sicherheit. In Sicherheit vor den Menschen die eure Heimat zerstören und euren Glauben missbrauchen. Ein klein bisschen Freude keimt in euch auf. 

Doch sie wehrt nicht langen. Was nun? Wo bekomme ich was zu essen für meine Familie, wo können wir leben und kann ich hier Arbeit finden. Eure Gruppe trifft auf Ordnungshüter. Ihr werden registriert, euch werden Fingerabdrücke genommen als wärt ihr Schwerverbrecher. Und wieder folgt Enge. Ok ihr habt ein Dach über dem Kopf und bekommt Nahrung. Aber was dann? Ihr wisst es nicht, ihr versteht auch die Sprache, der Menschen nicht die euch Hilfe geben. Doch ihr seid erstmal sicher und nimmt es an wie es ist.

Ihr hört von ein paar Männern, dass es andere Orte gibt. Wo es genug Platz, Essen und Arbeit gibt. Wo ihr eine Zukunft habt. Die Männer erzählen euch, dass sie bald dorthin aufbrechen werden. Der Weg ist weit und lang ihr werdet laufen müssen. Aber ihr wagt es!

Auf diesem Wege begegnet ihr viel Güte und Barmherzigkeit, aber an anderen Stellen auch Hass und Feindseligkeit. Viele Hindernisse müsst ihr überwinden. Behörden, Straßensperren, Zäune und vieles mehr. Aber ihr erreicht eines der so hochgelobten Länder. Ihr seid schwach und krank, eure Kinder aber haben überlebt. Ihr Seid in Deutschland angelangt. Nun, sagst du dir und deiner Familien. Nun haben wir es geschafft, nun werden wir uns ein neues Leben aufbauen.  Arbeiten, zur Schule gehen, vielleicht sogar wieder ein Haus besitzen.

Ihr werdet wieder registriert und erstmal einquartiert. Natürlich ist es kein Luxus aber es reicht erstmal. Du bist ja auch nicht dumm, du weißt auch ihr seid viele und es dauert seine Zeit der Organisation.  Ihr macht Bekanntschaften mit Menschen die den gleichen Weg gekommen sind, die gleichen Qualen und Ängste erlebt haben. Du merkst was für ein Glück du hattest, dass du Frau und Kinder hierhergebracht hast, denn die meisten haben schwere Verluste zu beklagen. Es ist erstmal gut so wie es ist.

Doch nach einiger Zeit fragst du dich warum es nicht weiter geht. Keiner will dir hier die Sprachen erklären, keiner will dir die Regeln beibringen. Unwissenheit ist ein gefährliches Gut. Es machen sich Gerüchte breit. Ihr seid ihr nicht erwünscht, ihr dürft hier nicht arbeiten und euch eine Zukunft aufbauen.  Feindseligkeit macht sich breit um euch. Auf der Straße trefft ihr Menschen deren Sprache ihr nicht versteht, aber die Dinge, die sie euch zugerufen haben waren sicher nicht freundlich. Ihr hört von Unterkünften wie eurer, die angezündet worden sind. Hat die Menschlichkeit auf Erden den so versagt, dass es für euch keinen Platz mehr gibt?

So ich muss dazu sagen ich bin deutscher, immer behütet aufgewachsen und in einem Land groß geworden, wo es alles im Überfluss gibt. Nein ich bin nicht reich und meine Eltern sind es auch nicht, aber in diesem Land wird man ja auch schon als arm bezeichnet, wenn man sich nicht jedes Jahr das neueste Handymodel oder die neuste Konsole kaufen kann. Was ich damit sagen will ist, dass dieser Text, meine Gedanken, vermutlich nicht im entferntesten wiederspiegeln kann was diese Menschen, die hier zu uns gekommen sind wirklich erlebt haben. Ich frage mich nur was gibt uns, die wir alles haben was wir zu leben brauchen, selbst der faulste Penner, das Recht diese Menschen, die nicht mehr als das Beste für ihre Familie zu wollen, auszuschließen. Oder noch mehr, gar zu hassen. Was treibt Menschen in unserem Land an, Parteien zu wären, die Menschen mit diesem Leidensweg an der Grenze erschießen wollen? 

Es sind Menschen wie du und ich. Ok sie sehen vielleicht etwas anders aus und sprechen eine andere Sprache aber sind sie deshalb so anders als wir? Es sind Menschen die an den gleichen Gott glauben wie wir, auch wenn deren Religion einen anderen Namen trägt. Die selbst leiden am meisten unter dem Missbrauch ihrer Religion. Wenn man sich mit unserer Verfassung etwas beschäftigt sind diese Menschen deutscher, als so Mancher der in letzter Zeit zur Wahlurne gegangen ist.

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