Nachdenklich
Stell dir mal vor, du lebst mit deinen 3 Kinder und deiner
frau in einem Vorort einer großen Stadt. Du hast einen guten Job und gerade ein
Haus gebaut. Der Garten ist gerade frisch bepflanzt und du lädst die Nachbarschaft
zum Essen. Du fühlst dich sicher und du glaubst nichts auf der Welt kann dein
Glück zerstören.
Doch, es geschehen Dinge auf der Welt die dich beunruhigen.
Erst sind es nur Nachrichten von fernen Orten über die du mit deiner Familie
und Freunden diskutierst. Dann sind es Berichte
von bekannten die du langen nicht gesehen hast und du beginnst dich zu fragen,
ob dich das auch treffen kann. Dann werden deine Sorgen mehr und mehr, du
kannst nicht mehr schlafen, weil dich in der Nacht die Angst davor weckt. Du
fühlst dich nicht mehr sicher. Aber du bleibst weil hier deine Heimat ist du
hier deine Leben lebst, deine Familie gegründet hast, deinen Glauben ausübst.
Aber dann eines Tages kommt der Tag, da fallen Schüsse. Erst
vereinzelt, dann täglich und denkst, ok jetzt ist es hier. Diese schlimmen Dinge
von denen du gehört hast, bei denen der schnelle Tot noch eine Erlösung ist.
Und diese Dinge passieren in Name dessen, an das du glaubst. Im Namen des
Gottes, der dir Sicherheit gegeben hat, der dir ein Leben lange Frieden und
Nächstenliebe beigebracht hat. In dessen Namen passieren die grausamsten Dinge
die du dir nur denken Kannst. Aber was kannst du nun tun?
Du musst deine Familie beschützen, dass ist klar. Aber wie
willst du das machen? Ja du hast davon gehört. Von Leuten die dich für viel
Geld hier wegbringen. Du hast das Geld. Aber alles aufgeben, was du dir
aufgebaut hast. Das was du geschaffen hast für die Zukunft deiner Familie,
deiner Kinder? Nein! Du willst bleiben du willst es nicht aufgeben.
Doch dann kommt der Tag. Der Tag der alles verändert. Der
Tag an dem deine Tochter mit zerrissen Kleider nach Hause kommt. Der Tag an dem
ihre kindliche Unschuld ein plötzliches Ende findet. Der Tag an dem sie, du, deine
Familien hier keine Zukunft mehr hat. Du beschließt zu fliehen.
Du kennst die Gefahren und du hast große Angst unterwegs zu
sterben, eine Kinder zu verlieren. Doch die Hoffnung auf einen neuen Anfang,
auf eine Zukunft für deine Kinder lässt dich stark sein. Lässt dich die Angst
verbergen, damit deine Kinder Hoffnung haben. Du nimmst dein Geld gibst es Leuten
die du nicht kennst, denen du aber vertrauen musst und du packst das Allernötigste.
Du lässt alles außer deiner Familie hinter dir, alles wofür du gearbeitet hast,
alles was du geschaffen hast, alles woran du geglaubt hast und gehst einen
gefährlichen, vielleicht tödlichen Weg ins Ungewisse. Nur von der geringen
Hoffnung getrieben, dass alles besser wird. Du verlässt dein Haus, deine Stadt,
dein Land. Dein Ziel? Du weißt es noch nicht, erstmal nur weg.
Du hast Glück, die fremden halten ihr Wort. Sie bringen dich
und deine Familie auf ein Boot. Klar das Boot ist klein, und die Wellen groß.
Ihr müsst euch abwechseln mit dem schlafen, weil nicht alle gleichzeitig liegen
können. Nahrung gibt es kaum. Aber die Hoffnung wird größer, dass ihr es
schaffen könnt.
Land ist in Sicht. Ihr vor seht wie das Boot vor euch
versinkt in der tobenden See. Wie Menschen vor euren Augen sterben und ihr
nicht helfen könnt. Ihr haltet den Kindern die Augen zu, dass sie das grauen
nicht sehen müssen. Ihr haltet ihnen die Ohren zu, dass sie die Schreie nicht
hören, die den Tod bedeuten. Deine Hoffnung schwindet, deine Zuversicht sinkt.
Aber ihr schafft es, ihr erreicht das Land. Hier seid ihr
auf euch allein gestellt, aber erstmal in Sicherheit. In Sicherheit vor den Menschen
die eure Heimat zerstören und euren Glauben missbrauchen. Ein klein bisschen
Freude keimt in euch auf.
Doch sie wehrt nicht langen. Was nun? Wo bekomme ich was zu
essen für meine Familie, wo können wir leben und kann ich hier Arbeit finden. Eure
Gruppe trifft auf Ordnungshüter. Ihr werden registriert, euch werden Fingerabdrücke
genommen als wärt ihr Schwerverbrecher. Und wieder folgt Enge. Ok ihr habt ein Dach
über dem Kopf und bekommt Nahrung. Aber was dann? Ihr wisst es nicht, ihr
versteht auch die Sprache, der Menschen nicht die euch Hilfe geben. Doch ihr seid
erstmal sicher und nimmt es an wie es ist.
Ihr hört von ein paar Männern, dass es andere Orte gibt. Wo
es genug Platz, Essen und Arbeit gibt. Wo ihr eine Zukunft habt. Die Männer
erzählen euch, dass sie bald dorthin aufbrechen werden. Der Weg ist weit und
lang ihr werdet laufen müssen. Aber ihr wagt es!
Auf diesem Wege begegnet ihr viel Güte und Barmherzigkeit,
aber an anderen Stellen auch Hass und Feindseligkeit. Viele Hindernisse müsst
ihr überwinden. Behörden, Straßensperren, Zäune und vieles mehr. Aber ihr
erreicht eines der so hochgelobten Länder. Ihr seid schwach und krank, eure
Kinder aber haben überlebt. Ihr Seid in Deutschland angelangt. Nun, sagst du
dir und deiner Familien. Nun haben wir es geschafft, nun werden wir uns ein
neues Leben aufbauen. Arbeiten, zur Schule
gehen, vielleicht sogar wieder ein Haus besitzen.
Ihr werdet wieder registriert und erstmal einquartiert.
Natürlich ist es kein Luxus aber es reicht erstmal. Du bist ja auch nicht dumm,
du weißt auch ihr seid viele und es dauert seine Zeit der Organisation. Ihr macht Bekanntschaften mit Menschen die
den gleichen Weg gekommen sind, die gleichen Qualen und Ängste erlebt haben. Du
merkst was für ein Glück du hattest, dass du Frau und Kinder hierhergebracht
hast, denn die meisten haben schwere Verluste zu beklagen. Es ist erstmal gut
so wie es ist.
Doch nach einiger Zeit fragst du dich warum es nicht weiter
geht. Keiner will dir hier die Sprachen erklären, keiner will dir die Regeln
beibringen. Unwissenheit ist ein gefährliches Gut. Es machen sich Gerüchte
breit. Ihr seid ihr nicht erwünscht, ihr dürft hier nicht arbeiten und euch eine
Zukunft aufbauen. Feindseligkeit macht
sich breit um euch. Auf der Straße trefft ihr Menschen deren Sprache ihr nicht
versteht, aber die Dinge, die sie euch zugerufen haben waren sicher nicht
freundlich. Ihr hört von Unterkünften wie eurer, die angezündet worden sind.
Hat die Menschlichkeit auf Erden den so versagt, dass es für euch keinen Platz
mehr gibt?
So ich muss dazu sagen ich bin deutscher, immer behütet
aufgewachsen und in einem Land groß geworden, wo es alles im Überfluss gibt. Nein
ich bin nicht reich und meine Eltern sind es auch nicht, aber in diesem Land
wird man ja auch schon als arm bezeichnet, wenn man sich nicht jedes Jahr das neueste
Handymodel oder die neuste Konsole kaufen kann. Was ich damit sagen will ist,
dass dieser Text, meine Gedanken, vermutlich nicht im entferntesten wiederspiegeln
kann was diese Menschen, die hier zu uns gekommen sind wirklich erlebt haben. Ich
frage mich nur was gibt uns, die wir alles haben was wir zu leben brauchen,
selbst der faulste Penner, das Recht diese Menschen, die nicht mehr als das Beste
für ihre Familie zu wollen, auszuschließen. Oder noch mehr, gar zu hassen. Was treibt
Menschen in unserem Land an, Parteien zu wären, die Menschen mit diesem Leidensweg
an der Grenze erschießen wollen?
Es sind Menschen wie du und ich. Ok sie sehen vielleicht
etwas anders aus und sprechen eine andere Sprache aber sind sie deshalb so
anders als wir? Es sind Menschen die an den gleichen Gott glauben wie wir, auch
wenn deren Religion einen anderen Namen trägt. Die selbst leiden am meisten
unter dem Missbrauch ihrer Religion. Wenn man sich mit unserer Verfassung etwas
beschäftigt sind diese Menschen deutscher, als so Mancher der in letzter Zeit
zur Wahlurne gegangen ist.
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